Die Wiburger Burg wurde während des dritten Schwedischen Kreuzzuges im Jahre 1293 auf Befehl Torgils Knutsson (auch Torkel oder Tyrgils Knutson, finnisch: Torkkeli Knuutinpoika) errichtet, um einen verkehrsreichen Handelsstandort gegen die anhaltenden Invasionsversuche aus dem Osten zu schützen. Die Lage der Burg war sorgfältig gewählt worden: Hier befanden sich die Reste einer zerstörten Karelienfestung, die den Schweden durch Handelsbeziehungen und Raubzüge bereits bekannt war. Nach der Einnahme begannen die Schweden sofort mit dem Bau einer neuen Burg aus Stein, die 1294 zum ersten Mal von den Truppen Nowgorods angegriffen wurde.
Mit dem Abkommen von Nöteborg im Jahre 1323 wurde sowohl ein dauerhafter Frieden etabliert als auch die Voraussetzung für das Wachstum Wiburgs geschaffen. Es ist bekannt, dass um 1300 eine Ansiedlung auf der Landzunge an der Südostseite der Burg entstanden war. Bald breitete sich jedoch diese Siedlung über die Grenzen der Landzunge aus, sodass man von einer Stadt oder auch Civitas zu sprechen begann. Die früheste Erwähnung Wiburgs aus dem Jahr 1350 findet sich in den Archiven des Vatikans, obwohl Wiburg damals noch nicht über den rechtlichen Status einer Stadt verfügte.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurden Wiburg Handelsrechte zugebilligt, und 1403 verlieh Erik von Pommern der Ansiedlung Stadtrechte.
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Die original Wiburger Gründungsurkunde vom 19. August 1403, die von König Erik XIII. überreicht wurde:
Wy eric mz gudz nadh Swerikes danmarks norghes wendes oc godes konung hertugh j pomeren kunokt györöm thz mz thætte wart opne breff allom mannom swa the nu aere som the hær aepter kome scule at wy hafvom vnt oc gifuet ware borghere som bygge oc bo j war kijöpstadh wyborgh stadz raet aepter thy som stadz boghene j Upsalom wtwyser, Thv forbyuthom wy allom warom foghedom oc aembetzmanom oc allom androm aeho the haelzt aeren, at hindre thöm j naghre made haer amot Swa frampt the wyliu ware hylle hafue oc war hefnd fly Jn Euidenciam premissorum seeretum nostrum presentibus duximus appendendum Datum in castro nostro Wyborgh Anno dni m cd tertio dominica jnfra octauam assupcionis virginis gloriose.
Die Gründungsurkunde von 1403 in deutscher Übersetzung:
“Mit diesem offenen Brief machen wir, Erik, durch die Gnade Gottes König von Schweden, Dänemark, Wendei von Norwegen und Gaetas sowie Herzog von Pommern, jedem jetzt lebenden Menschen sowie allen, die nach uns kommen mögen, bekannt, dass wir unseren Bürgern, die in unserem Handelszentrum Wiburg leben und wohnen, die Stadtrechte dergestalt geben und garantieren, wie sie in der Urkunde von Uppsala vermerkt sind. Daher untersagen wir all unseren Verwaltern und Beamten sowie allen anderen, wer immer sie auch sein mögen, sie auf jede nur erdenkliche Weise davon abzuhalten, wenn sie sich unserer Gunst weiter erfreuen und unsere Vergeltung meiden wollen. Als Garantie für das Genannte erachten wir es als angemessen, diese Urkunde mit unserem Siegel zu versehen. Überreicht in unserer Burg zu Wiburg im Jahre 1403 unseres Herrn, am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt.”
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Im Mittelalter waren Kirchen die ersten Gebäude, die das Stadtbild Wiburgs prägten. Der Bau einer steinernen Kathedrale begann 1418, wurde allerdings in der Feuersbrunst, die die Stadt 1477 heimsuchte, wieder vernichtet. Mit der Errichtung der Abtei der Schwarzen Mönche wurde 1481 begonnen und mit der der Grauen Mönche höchstwahrscheinlich 1455. Die lutherische Reformation führte jedoch dazu, dass alle Klöster in den frühen 20er Jahren des 15. Jahrhunderts geschlossen wurden, was den Einfluss der Kirche letztendlich jedoch nicht schmälerte.
Nach 1470 wurde auf Befehl Eric Axelsson Totts mit der Errichtung von Steinwällen um die Stadt herum begonnen. Diese Wälle beherbergten gesonderte Befestigungen bzw. Verteidigungstürme, von denen der St.-Andreas-Turm sicherlich der wichtigste ist. Hier wütete am 30. November 1495 übrigens die berüchtigte Wiburger Feuersbrunst. Der Burgherr war damals Knut Posse. Im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert wurden in Wiburg mehrere Gebäude aus Stein errichtet, sodass die Stadt um 1550 kaum noch freie Flächen auswies.
Obgleich die Stadt über keinen speziell ausgearbeiteten Straßenplan verfügte, hatte sich im Laufe der Zeit dennoch ein brauchbares (wenngleich noch begrenztes und spärliches) Straßennetz herausgebildet. Die meisten Straßen waren gepflastert, und spätere Ausgrabungen führten sogar zur Freilegung eines primitiven Abwassernetzes. Der nördliche, am Wasser gelegene Stadtteil hieß Alakatu ("Untere Straße") oder auch Saksalaiskatu ("Deutsche Straße"). Hier befand sich die Ansiedlung der Deutschen sowie anderer vermögender Städter. Viele Beamte zogen es vor, sich am Rande der von der Burg wegführenden Straße anzusiedeln. Die am zentralsten gelegene Straße war die Kuninkaankatu ("Königsstraße") bzw. Yläkatu ("Obere Straße"). Sie führte zugleich über den höchsten Punkt der Stadt. In ihrer unmittelbaren Nähe lag das Rathaus. Die sich mit der Yläkatu kreuzende Straße hieß Ristikatu ("Kreuzstraße"). Sie verlief nahe dem Rathaus in Richtung Hafen. Die dem Hafen am nächsten gelegene Straße war die Eteläkatu ("Südstraße"). In den südlichen Stadtteilen befanden sich vor allem die dem Hafenbetrieb dienenden Gebäude, zu denen verschiedene Lagerhäuser und Werkstätten der Handwerker und Schmiede gehörten. Der Anlegeplatz war eine etwas abseits gelegene Anlage jenseits der Stadtmauern und hatte eine Länge von 100 bis 150 Metern.
Außerhalb der Mauern hatte sich die Besiedlung ebenfalls ausgedehnt, aus Sicherheitsgründen jedoch vor allem in Richtung Westen. Der Handel in Wiburg wurde von Deutschen, Schweden und Holländern bestimmt, die über lukrative Beziehungen nach Mitteleuropa verfügten. Die wichtigsten Importgüter waren Bekleidung, Salz, Gewürze sowie weitere, in diesen nördlichen Breitengraden nicht erhältliche Erzeugnisse. Exportiert wurden Pelze, Teer, Molkereiprodukte, Robbenöl und getrockneter Fisch. In der Stadt gab es zwar keinerlei Fertigungsstätten, im Umland jedoch verschiedene Getreidemühlen, Sägewerke und Ziegeleien. Diese wurden vornehmlich am Rand von Stromschnellen sowie anderen schnell fließenden Gewässern errichtet. Als reger Handelsstandort beherbergte die Stadt verschiedene Gilden und Weinhäuser, in denen die Kaufleute gerne ihren Durst stillten, wenn sie Wiburg einen Besuch abstatteten. Es war Brauch, dass die Wirtshäuser, Bierstuben und Stadttore nach 21 Uhr geschlossen wurden, sodass danach nur noch die Nachtwächter durch die dunklen Straßen zogen, um allzu lautstarke Trinker zu beruhigen. In dieser Hinsicht haben sich die Lebensgewohnheiten im Verlauf der Jahrhunderte trotz aller Erziehungsarbeit nicht verändert.
Angesichts der allmählichen Herausbildung moderner Kriegsführung sowie der Verbreitung von Schießpulver und Kanonen befahl Gustav der I. von Schweden im Jahre 1547, mit der Errichtung einer neuen Verteidigungsanlage zu beginnen. Dieser Karjapihan Torni ("Lagerturm"), auch bekannt als Runder Turm, wurde 1550 fertiggestellt. Dabei handelte es sich um ein separates Gebäude außerhalb der Stadtmauern. Schon bald nach der Fertigstellung des Turmes zeigte sich jedoch, dass die Stadt nicht nur dringend neue Baugrundstücke benötigte, sondern auch, dass die Verteidigungsmauern den Erfordernissen insgesamt nicht genügten.
Daher sandte Erik XIV. im Jahre 1562 den Baumeister Anders Målare nach Wiburg. Dessen Aufgabe bestand darin, neue Stadtmauern sowie innerhalb dieser Mauern einen neuen, mit den notwendigen Grundstücken ausgestatteten Bebauungsplan zu entwerfen. Die neuen Mauern wurden mit dem Runden Turm verbunden. Gleichzeitig wurden in ihren Ecken weitere Verteidigungsanlagen errichtet. Diese Sarvilinnoitukset ("Hörnerfestungen") waren die Bastionen von Äyräpää und Pantsarlahti. Die neuen Festungsanlagen und Grundstücke wurden Ende der 80er Jahre des 15. Jahrhunderts fertiggestellt. Der neue Stadtteil mit seinen 182 neuen Grundstücken wurde allgemein Valli ("Festungswall") genannt. Auf diese Weise hatte Wiburg ein auf moderner Stadtplanung beruhendes Viertel erhalten, womit es die erste Stadt überhaupt in Finnland war.
Die in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts in der Altstadt wütenden Feuersbrünste wurden zum Anlass genommen, den Bebauungsplan nochmals einer Revision zu unterziehen. In der alten, planlos angelegten Stadt hatten verfallende Schornsteine, ungepflegte Hinterhöfe sowie enge Straßen die Ausbreitung des Feuers über die ganze Stadt hinweg begünstigt. Als die Einwohner der dicht bebauten Stadt nach dem Feuer begannen, ihre Häuser wieder an den früheren Stätten aufzubauen, griff der Magistrat ein.
Im Jahr 1638 traf der Generalgouverneur Per Brahe in der Stadt ein. Er entschied, dass ein neuer Stadtplan mit geraden Straßen und rechteckigen Grundstücken für den alten Teil von Wiburg entworfen werden sollte. Ein Plan für das Straßennetz wurde erstellt, die Straßen mit offiziellen Namen versehen. Auf Befehl Per Brahes wurde Anders Tortensson, Stockholms oberster Stadtbaurat, nach Wiburg geschickt. Seine Aufgabe bestand darin, einen neuen Stadtplan für die Altstadt zu entwerfen. Dieser Plan berücksichtigte jedoch nicht die bereits bestehenden Gebäude. Nur den beiden Kirchen wurde ihre alte Lage weiterhin zugestanden, ebenso dem Piispantalo ("Bischofshaus"). Ihre Lage wurde in dem neuen Plan vermerkt, was einmal mehr den Einfluss der Kirche im Mittelalter widerspiegelt. Der neue Stadtplan trat in den 40er Jahren des 17. Jahrhunderts in Kraft und bestimmte, nachdem er in einer Reihe von Etappen realisiert worden war, bis 1860 Form und Umfang der Stadt.
1710 wurde Wiburg von den Truppen Peters des Großen eingenommen und als Provinz in das russische Reich eingegliedert. Nach hundertjähriger Herrschaft, im Jahre 1809, eroberten die Russen schließlich ganz Finnland. 1809 wurde das autonome Großfürstentum Finnland gegründet, in das die Provinz Wiburg als das "alte Finnland" integriert wurde 1812. In den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts beriefen sich die Stadtväter von Wiburg immer dann auf Peter den Großen, wenn es galt, die verfallenen Stadtmauern aus dem 16. Jahrhundert abzureißen. Immerhin hatte sich deutlich erwiesen, dass die Stadt nicht mehr die bedeutende militärische Rolle der vorhergehenden Jahrhunderte innehatte. Die von Mauern umgebene Stadt war etwa 450 Meter breit und 700 Meter lang und war inzwischen vollständig bebaut. Der Bedarf an Bauland war enorm.
Der Bau des Saimaakanals sowie verschiedene Überlegungen bezüglich einer Eisenbahnverbindung zwischen Helsinki, Wiburg und St. Petersburg vergrößerten nur die Notwendigkeit, die Mauern abzureißen.
Außerdem stellte die Militärbehörde nach dem Krimkrieg (1854 – 1856) fest, dass die Mauern und Befestigungsanlagen überholt waren und ihren Zweck nicht länger erfüllen konnten. Außerdem waren sie in einem schlechten Zustand und wegen mangelnder Wartung zum Teil bereits eingestürzt. Die Städter nutzten die Terrassen der Mauern als Äcker und die Oberflächen sowie Vertiefungen der Mauern als ergiebige Grasflächen, auf denen sie ihre Schafe und Ziegen weiden ließen. Vielleicht stammen die alten Legenden von den Wiburger Ziegen und den Festungswällen aus dieser Zeit. Die Militärbehörden entschieden jedenfalls, dass neue Befestigungsanlagen und Forts auf dem Patterinmäki ("Batterieberg") gebaut werden müssten, was zwischen 1850 und 1870 geschah.
Die Fertigstellung des Saimaakanals im Jahre 1856 und der Bahnverbindung in den 60er Jahren hatten einen entscheidenden Einfluss auf das Leben in Wiburg. Auf einen Beschluss des Zaren wurden 1859 die alten Mauern aus dem 16. Jahrhundert Eigentum der Stadt. Die St. Annas Krone bzw. die Siikaniemi-Festung (erbaut in den 30er und 50er Jahren des 18. Jahrhunderts) verblieb jedoch unter der Obhut der Militärbehörde, die einen Abriss letztendlich untersagte.
Nachdem der neue, von Ingenieur Berndt Otto Nymalm entworfene Bebauungsplan 1861 angenommen worden war, wurden die Stadtmauern rasch abgerissen. Damit versechsfachte sich die Bebauungsfläche.
Die neuen Hauptstraßen, Torkkelinkatu ("Torkkelistraße") und Aleksanterinkatu ("Alexanderstraße"), wurden in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts fertiggestellt und die Reste der Mauern in den letzten Jahren desselben Jahrzehnts abgerissen. Nur die Bastion auf der Pantsarlahti-Bucht sowie die sie umgebenden Mauern erinnern uns heutzutage noch an die vergangenen Jahrhunderte.
Mit der anstehenden Erweiterung des Hafens wurde ein Teil der Mauer südwestlich der Pantsarlahti-Bastei kurz nach 1910 beseitigt. Durch diese Maßnahme konnte das Hafengelände vergrößert werden.
Von 1890 bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 wurde in Wiburg sehr viel gebaut. Die Kriegszeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten verzögerten die Bauleistung beträchtlich.
Gleich zu Beginn der Unabhängigkeit wurde die Position eines Stadtplanungsarchitekten in Wiburg geschaffen, zu deren Ausübung 1918 der Architekt Otto-Iivari Meurman berufen wurde. Er sah sich gezwungen, größere Flächen für die Bebauung zu verplanen, die anschließend Wiburg angegliedert wurden. Diese Maßnahme betraf sowohl die östlichen und südlichen Teile von Patterimäki in den Jahren 1924 und 1928 als auch Imatra, Karelien, 1928. Verschiedene westliche Bezirke wie zum Beispiel Sorvali, Saunalahti, Hiekka, Pikiruukki und Tienhaara wurden der Stadt nicht vor 1933 zugesprochen. Auch Uuras, eine Insel, auf der der so genannte große Hafen errichtet wurde, wurde erst 1932 in Wiburg eingemeindet. Bei all diesen Gebieten handelte es sich zum Teil um alte Wohnviertel ohne offizielle Stadtpläne oder kommunale Versorgung.
Die Aufgaben des Stadtplanungsarchitekten waren vielschichtig und anspruchsvoll. Sehr schnell fertigte er Entwürfe für die neuen Gebiete an, sodass beispielsweise der Stadtplan für Havi schon nach kurzer Zeit fertig war. Letztendlich waren alle neuen Gebiete bis 1935 geplant. Die Verkehrsregelung war eines der Hauptanliegen Otto-Iivari Meurmans. Bereits früh hatte er die Probleme erkannt, die das stetige Anwachsen des Automobilverkehrs mit sich bringen würde. Seiner Einschätzung nach waren erhebliche Umgestaltungen der Hauptverkehrsstraßen unumgänglich.
Eine Phase des Wiederaufbaus vollzog sich seit den Mittzwanzigern des letzten Jahrhunderts, als die Stadtplaner entschieden, neue Wohnhäuser in den erst kurz zuvor entstandenen Einfamilienhäuserbezirken errichten zu lassen. Außerdem wurden neue Mietshäuser in der Innenstadt gebaut, darunter die Büros von Karjalan Sanomat ("Zeitung Karelien"), von Viipurin Suomalainen Säästäpankki ("Finnische Sparkasse von Wiburg"), von Viljelys ("Pflanzzucht"), des weiteren Gemeindehäuser sowie eine große Anzahl an Mehrfamilienhäusern in der Kullervonkatu ("Kullervostraße"), der Suonionkatu ("Suoniostraße"), der Pellervonkatu ("Pellervostraße") etc. Die Sanierung und der Ausbau des Runden Turms in ein Café im Jahre 1923 sowie der Einbau von Konferenzräumen in den Viipurin Teknillinen Klubi ("Technischer Klub Wiburg") waren hervorragende Beispiele dafür, wie kulturell bedeutsame Gebäude genutzt werden konnten.
Sowohl bei Fundamentierungsarbeiten als auch beim Anlegen von Kanälen für Wasser und Abwässer sowie beim Verlegen von elektrischen Leitungen stießen die Arbeiter oft auf Teile alter Gemäuer, Keller und Gräber. Bisweilen tauchten solche Überreste auch nach heftigen Regenfällen auf. Von einem offenen Loch aus war es dann mitunter möglich, in uralte Räume oder wenigstens Teile davon zu blicken. Genau das geschah 1925, als Hackmann und Co. mit den Arbeiten für ein Zuckerlager in dem Häuserblock zwischen der Karjaportinkatu und dem Pohjoisvalli ("Nördlicher Festungswall") begannen. Die Erbauer stießen nämlich auf eine Anzahl Räume und gewölbte Ziegelkeller sowie in der südlichen Ecke des Wohnblocks auf einen alten Friedhof. Letzterer hatte offensichtlich zur Abtei der Grauen Mönche gehört. Nachdem die Überreste dieser Anlagen entdeckt worden waren, nahm das Komitee für archäologische Denkmäler mit dem Architekten des Zuckerlagers, Uno Ullberg, Kontakt auf. Später sandte es den National-Archäologen Hj. Applegren-Kivitalo zur Begutachtung der Ausgrabungen. Im Verlaufe dieser Ausgrabungsarbeiten wurde ein silberner Löffel mit dem Wappen der Familien Tott und Kurck gefunden. Sehr zum Verdruss der Wiburger nahm der National-Archäologe diesen Löffel jedoch für die Sammlungen des Nationalmuseums mit. Der Architekt Ullberg seinerseits vermaß die alten Strukturen und fertigte Zeichnungen von ihnen an.
Weitere Funde führten dazu, dass die Wiburger Architekten über eine Fotografierung und Restaurierung nachzudenken begannen. Die Idee wurde insbesondere von den beiden Architekten Bernhard O.G. Fraser and Otto-Iivari Meurman entwickelt, die darüber hinaus die Einrichtung der Stelle eines Verwalters von archäologischen Funden empfahlen. Ihr Vorschlag resultierte letztendlich darin, dass die archäologische Kommission 1926 einen Brief an den Stadtrat von Wiburg schrieb. In diesem schlug sie vor, dass die Stadt einen Verwalter nominieren solle, um sicherzustellen, dass die archäologischen Funde geschützt und wissenschaftlichen Untersuchungen zugänglich gemacht werden würden. Dieser Vorschlag wurde am 15. März 1927 im Stadtrat besprochen und angenommen. Für die Einstellung eines Verwalters stellte der Rat 6000 Finnmark für den letzten Teil dieses Jahres bereit. Weitere 12000 Finnmark wurden für die folgenden beiden Jahre bewilligt. Nachdem die Kommission am 26. April 1927 die Verordnung über diese neue Stelle angenommen hatte, wurde am 1. Juni Otto-Iivari Meurman zum Verwalter von archäologischen Funden ernannt. Mithilfe dieser Geldsumme sowie ähnlichen, später gezahlten Beträgen wurde mit dem Fotografieren, Messen und Zeichnen der hauptsächlich aus dem Mittelalter stammenden Natursteingemäuer begonnen. Die Zeichnungen wurden in zweifacher Ausführung angefertigt, von denen eine dem Komitee für archäologische Denkmäler in Helsinki und die andere dem Wiburger Museum übereignet wurde. Die letzteren Zeichnungen wurden während des Feuers im Historischen Museum von Wiburg in den letzten Tagen des Winterkrieges am 13. März 1940 zerstört.
Ingesamt entstanden etwa 30 Zeichnungen von diesen Gemäuern, Steinkellern, zu Erdarbeiten gehörenden Zugangswegen etc. Eine interessante Entdeckung wurde in der südlichen Ecke der Insel gemacht, auf der sich die Wiburger Burg befindet. Dort wurden die Ruinen des früheren Schuhmacherturmes ausgegraben. Seine Torbögen und Portale waren zum Teil erhalten geblieben, und sein am tiefsten gelegenes Geschoss lag sieben Meter unter der Bodenhöhe der heutigen Burg. Dort befand sich ein enger Zugang zur Meerenge zwischen Burg und Stadt. Einer der Baumeister des städtischen Bauamtes erzählte außerdem, dass beim Ausbaggern des Zugangs ein Teil einer Ziegelmauer entdeckt worden sei. (Das könnte der andere Ausgang des Tunnels gewesen sein, der vermutlich eine Unterwasserverbindung zwischen Burg und Stadt gewesen war. Eine ähnliche Tunnelöffnung wurde von den Russen im Keller des früheren Wrecktooth’schen Hauses in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckt.)
Die größten Investitionen für Wiburg konzentrierten sich auf den Ausbau der kommunalen Versorgung der neuen Vororte und auf die Vergrößerung des Hafengeländes. Die Modernisierung des 1834 erbauten Stadttheaters erforderte gleichfalls beträchtliche Geldsummen.
Eine wichtige Aufgabe bestand darin, eine Straßenbahnverbindung zu den östlichen Vororten über die Suurkatu ("Große Straße"), die Valtakatu ("Regierungsstraße") und die Kannaksentie ("Landengenstraße") zu schaffen. Allein der Bau einer breiten, neuen Suurkatu war bereits ein erhebliches Projekt. Die Baumaßnahmen auf der Insel Uuras sowie die im Jahr 1926 gebaute Hafenbahn führten zu einer Großbaustelle am Hafen. Darüber hinaus wurde 1925 eine neue Bahnlinie fertiggestellt, die den Wiburger Hafen mit dem Südosten verband. Der Beginn der 30er Jahre war zwar die Zeit der Weltwirtschaftskrise, aber die Stadt baute dennoch neue kommunale Krankenhäuser, einige Schulen, eine Berufsschule, einen Wasserturm, einen Busbahnhof (den ersten in ganz Finnland), eine Kunsthochschule, ein Museum sowie ein Provinzarchiv. Das Restaurant Espilä wurde renoviert und der aufwendige Umbau des Rathauses verwirklicht. Während der Weltwirtschaftskrise wurden ferner ein Militärkrankenhaus, eine Diakonie und das Gebäude des Wiburger Kreistages errichtet. Nach der weltweiten Krise erhöhte sich die Baugeschwindigkeit zusehends. Der Ausbau des Hafens wurde energisch vorangetrieben; außerdem baute die Stadt öffentliche Einrichtungen wie eine Bibliothek, ein Krankenhaus für Frauen, ein Sommertheater mit 2000 Sitzplätzen, eine Berufsschule, eine Gewerbe- und Sägewerksschule, eine neue Bundesstraßenbrücke für Papula sowie einen Hauptsportplatz mit überdachten Sitzen für 3000 Menschen und nicht überdachten Sitzgelegenheiten auf der anderen Seite des Platzes. Die Gesamtzahl der Sitzplätze betrug 5500, die von Stehplätzen für über 10000 Menschen eingefasst waren. Im Verlauf dieser bedeutenden Bauphase erhielten gleichfalls viele kleinere Parkanlagen ihre endgültige Gestalt.
Im Hinblick auf Industrie und Handel wurden ein Großhandelsgeschäft für das Unternehmen Savo-Karjala und die SOK-Gesellschaft (eine Einzelhandelsgenossenschaft) errichtet, ebenso ein Mühlen- und Bäckereigebäude sowie Büro- und Lagerhäuser für OTK (ein Großhandel) und Hankkija (eine Mastfutterfabrik).
Außerdem wurde eine ganze Reihe von Häusern in den Vororten gebaut, was auch zur Entstehung neuer Service- und Geschäftsgebäude führte: öffentliche Saunas, Geschäftshäuser für verschiedene Einzelhandelsgenossenschaften, einem Zentrum für Wohltätigkeitsarbeit in Osttoukola etc. Mehr als zehn Mietshäuser wurden in der Innenstadt zwischen 1935 und 1938 errichtet. Weitere wurden renoviert und mit Zentralheizung versehen. In der Tat verhieß ein Blick in die Zukunft die Erfüllung vieler Träume.
Das Jahr 1939 wurde dementsprechend mit großen Erwartungen begrüßt. Das beträchtliche Anwachsen der Einkünfte aus dem Export spiegelte sich nicht nur in einer erhöhten Kaufkraft der Einwohner wider, sondern ebenso in der wirtschaftlichen Situation der Stadt. 1936 war Ragner Ypyä zum neuen Stadtarchitekten berufen worden. Er begann, neue Schulgebäude zu entwerfen sowie Skizzen für einen zukünftigen Sportpalast und eine Konzerthalle anzufertigen. Die Verwirklichung dieser Gebäude wurde jedoch durch den Ausbruch des Winterkrieges jäh unterbrochen.
Olavi Laisaari, ein begabter junger Architekt, wurde zum neuen Stadtplanarchitekten ernannt, nachdem Otto-Iivari Meurman die Professur für Stadtplanung an der Technischen Universität Helsinki angetreten hatte. Laisaari begann mit der Neugestaltung des Verkehrswesens, die die Weiterführung der 1938 begonnenen Arbeit an der neuen Eisenbahnlinie sowie den Entwurf der neuen Hauptstraße Richtung Westen beinhaltete. Das rasche Anwachsen der Zahl an Automobilen zwang Laisaari gleichfalls, sich um die entstandenen Verkehrsengpässe zu kümmern. Die Straßen um Wiburg waren immerhin seit den Mittdreißigern beträchtlich erneuert worden.
Die Strom führenden Kabelmasten der Straßenbahn wurden in den Jahren 1938 und 1939 von der Torkkelinkatu und der Karjalankatu entfernt, weil sie sich als gefährlich für den Verkehr erwiesen hatten. Außerdem wurde die Straßenbeleuchtung unmittelbar vor dem Winterkrieg verbessert.
Insgesamt blühte das Baugewerbe 1939 regelrecht auf. Neue Häuser wurden für die Innenstadt entworfen, insbesondere der Bau großer Bürogebäude war jetzt aktuell. Das Konsumgeschäft Torkkeli begann im Herbst 1939 mit dem Bau eines neuen Geschäftshauses in der Torkkelinkatu. Wiburgs Konsumgeschäft kaufte mit der Absicht, ein großes Einkaufszentrum zu erbauen, drei Grundstücke an der Ecke Vaasankatu/Torkkelinkatu. Mit den Entwürfen und Skizzen war bereits begonnen worden, aber letztendlich blieb alles in der Planung stecken. Die Versicherungsgesellschaften Karjala und Ilmarinen begannen außerdem mit dem Bau ihrer zehnstöckigen Hauptniederlassung, darüber hinaus wuchs ein 130 Meter langes zentrales Lagerhaus des Unternehmens Starckjohann & Co. in der Havinkatu rasch in die Höhe. Die Karjalan Sähkö Oy (Karelisches Elektrizitätswerk) begann gleichfalls mit dem Bau einer neuen Fabrik in der Suonionkatu, aber die Arbeit musste bereits im Oktober 1939 eingestellt werden, nachdem lediglich zwei Etagen fertiggestellt worden waren. Das Hotel Andrea erweiterte ebenfalls sein Gebäude, da die anstehenden Olympischen Spiele im Jahre 1940 viele Fußballspiele nach Wiburg gebracht hätten. 1939 wurde mit dem Bau einer 1000 Schüler fassenden Volkshochschule begonnen. Die Schule erreichte ihre endgültige Höhe im September. Allerdings musste der Bau im Oktober unterbrochen werden.
Weiterhin wurden vor allem im Stadtteil Pantsarlahti verschiedene Wohngebäude errichtet. Mitunter wurde in der Innenstadt an mehr als zehn Stellen gleichzeitig gebaut. Außerdem sollten die Arbeiten auf zwei Baugrundstücken, für die die Genehmigung bereits erteilt worden war, in Kürze beginnen.
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges im September verlangsamte den Schiffsverkehr, da die Ostsee nun zu einem Schauplatz für militärische Operationen geworden war. Exporte wurden behindert und der Ankauf flüssiger Brennstoffe schwieriger. Die im Oktober einsetzende Mobilisierung verlangsamte sowohl die weitere Bebauung als auch den Beginn neuer Bauvorhaben. Ein weiterer Faktor, der die Bauplanung beeinträchtigte, betraf die Requirierung von Lkws für die militärische Verteidigung. Benzin musste ebenfalls rationiert werden. Dieselben Faktoren ließen den Betrieb in den Architekturbüros und Bauunternehmen verstummen, nicht zuletzt auch, weil ihre Mitarbeiter eingezogen wurden.
Die Verhandlungen, die mit Moskau im Oktober begannen, stimmten viele Menschen in Wiburg nachdenklich. Einige Unternehmen verlagerten ihre Warenlager vorsorglich nach Zentralfinnland; viel entbehrliches Material wurde in Sicherheit gebracht. Dennoch glaubten viele Einwohner, dass der Krieg nicht ausbrechen würde.
Diese Welt brach am 30. November 1939 jedoch endgültig zusammen, als die sowjetischen Luftstreitkräfte begannen, finnische Städte anzugreifen und die Rote Armee die Landesgrenze am selben Tag ohne Kriegserklärung überschritt. Mit dem Ausbruch des Krieges kam das Leben in Wiburg zum Erliegen, da die Menschen wegen der dauernden Gefahr von Luftangriffen aus der Stadt wegzogen. Ab Mitte Februar war die Stadt frei von Zivilisten, ihr öffentliches Leben vollends erstorben. Als die Russen nach und nach militärische Erfolge erzielten, näherte sich die Front allmählich Wiburg. Die letzten Kämpfe wurden in den östlichen Vororten der Stadt ausgefochten, östlich und südlich von Patterinmäki. Dort blieb die Frontlinie am 13. März 1940 stecken.
Am 12. März 1940 wurde in Moskau der Friedensvertrag unterzeichnet. Der Vertrag zwang Finnland dazu, die Karelische Landenge, inklusive Wiburg und den Gebieten nördlich vom Ladogasee, an die Sowjetunion abzutreten. Finnland verlor damit zehn Prozent seiner Fläche. Zwölf Prozent seiner Bevölkerung mussten ihre Heimat verlassen.
Das finnische Wiburg mit seinen 86000 Einwohnern hatte aufgehört zu existieren.
Juha Lankinen, 2. Januar 2007
Der ehemalige finnische Präsident Martti Ahtisaari, dem 2008 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, ist 1937 in Wiburg geboren.